Sopranistin Melanie Ewens und die Männer

Sind so arme Mädchen

Melanie Ewens singt von starken Frauen


Recht harmlos hatte die Sopranistin Melanie Ewens ihre One-Woman-Show angekündigt: Klassisches Liedgut von Schubert bis Brahms in der Martin-Luther-Kirche, Kabarett und Kostümierung rund um das Thema Kampf der Geschlechter, überschrieben mit dem Titel: "Wir armen, armen Mädchen,
ich wollt´ ich wär´ ein Mann!"

Süß klingt das, lieb und augenzwinkernd, und damit ist man schon voll in die Falle getappt. Denn nur vordergründig ging es beim Gastspiel des Duo de Cologne um den musikalischen Vortrag, der recht routiniert und stimmkräftig von Ewens gestaltet wurde. In der Hauptsache galt es klarzumachen, wer tatsächlich das starke Geschlecht vertritt, nämlich die Hauptakteurin. Zu jedem Lied in neuen Gewändern quoll die Bühne vor selbstbewußter Weiblichkeit über.

Und die sollte geradewegs allen tumben Mannsbildern den Gar aus machen. Die Zielvorgabe für den Abschuß lieferte Alexander Beils, eine Art hölzerner Beamter am Klavier. Ihm kam als stocksteifer Anzugträger die undankbare Aufgabe zu, zwischen den Begleitungen Sprüche nach Art eines hirnträgen Stammtisch Chauvinisten loszulassen. Wäre der Gesamtvortrag temporeicher, bissig ironisch geraten, und hätte Ewens sich einen reinrassigen Macho an ihre Seite geholt, dann wäre das Konzept im Ganzen nicht gescheitert, sondern vergnüglich aufgegangen.

von Tasso Diederich